Werdegang

Wer im internationalen Dressursport vorne mitmischt, hat oft einen ähnlichen Werdegang: eine Karriere über den Pony-, den Junioren- und Junge Reiter-Sport bis hin zum Grand Prix-Niveau. Bei Bernadette verlief alles anders. Die gebürtige Düsseldorferin und Tochter des Star-Architekten Walter Brune wurde durchaus schon früh vom Pferdevirus gepackt, ritt ihre Mutter Barbara Behlau doch Military. Und vor allem ihr Großvater Herbert Behlau, der das Goldene Reitabzeichen besaß, steckte seine Enkelin an und unterrichte die kleine Bernadette bereits ab ihrem dritten Lebensjahr jeden Donnerstag an der Longe. Doch ein Spitzenpferd war noch lange nicht in Sicht.

Als Bernadette siebenjährig nach der Trennung ihrer Eltern nach Monaco zog, wo ihre Mutter ihren neuen Arbeitsplatz hatte, brach für die Pferdenärrin eine Welt zusammen: Die Natur gegen die Großstadt austauschen war das eine, hinzu kam aber noch, dass es in Südfrankreich keine guten Trainingsmöglichkeiten gab. Bernadette versuchte, mit geeigneten Schulpferden und „Möchte-Gern-Springpferden“ irgendwie auf Turniere zu kommen. Denn das war ihr großer Ehrgeiz. Mit 13 Jahren war es dann endlich so weit – und im Alter von 14 war sie bereits sogar für die französische Amateurmeisterschaft qualifiziert. Doch die Teilnahme blieb ihr als Deutsche verwehrt. So ritt Bernadette ländlich erfolgreich auf M-Niveau weiter.

 

Jetzt kommt der große Sport!

Als die „Auswanderin“ nach ihrem Abi wieder in ihr geliebtes Deutschland zurückkehren konnte, nahm sie ihr großes Ziel in Angriff: eine Ausbildung zur Pferdewirtin, Schwerpunkt Reiten. Ihre „Lehrmeister“: Dietmar Laufhütte, Renate Dahmen, Helena Weinberg und Holger Hetzel. Dank ihres damaligen – mittlerweile verstorbenen – Trainers Eric Wauters fand sie schnell den Weg auf die großen internationalen Turniere, startete unter anderem in Mechelen, Düsseldorf, Monaco, München-Riem, Eindhoven, bei der Sunshine Tour, in Arezzo oder Berlin. Nach ihrer Zeit mit Eric Wauters lernte Bernadette bei weiteren Meistern, wie Nobert Koof, Gert Meyer, Stefano Nogara, Dirk Hafemeister und Michel Robert. Vor allem die letzten beiden bleiben ihr gut in Erinnerung: „Von Dirk und Michel habe ich am meisten gelernt. Einerseits die deutsche, strenge Schule der korrekten Hilfen, andererseits die französische légerté, die sehr viel mit der Balance des Pferdes zu tun hat.“


Dass ihr alle Tipps, die sie in dieser Zeit bekam, einmal auch für eine Dressurkarriere wichtig sein könnten – daran war damals noch nicht zu denken. Doch nach zehn Jahren im internationalen Springsport mit 142 M- und S-Platzierungen und -Siegen (sogar in zwei Mächtigkeitsspringen), kam es zu einer ungeahnten Wendung. Bernadette verletzte sich auf dem Turnier in Saint Tropez so schwer am Rücken, dass die Ärzte sagten: „Es ist vorbei mit dem Springen!“ Ein Schnitt im Leben der Reiterin, der zunächst nicht ganz einfach für sie hinzunehmen war.

„Turniere organisieren, ich?“

Doch Bernadette steckte nicht lange den Kopf in den Sand. Stattdessen hatte sie in Vidauban an der Cote d’Azur einen Stall gefunden, den sie aufbaute und zu einem Turniermekka machte. Nach ihrer Rückenoperation organisierte sie 2007 ihr erstes nationales Turnier, ein Jahr später folgte bereits ein CSI3*. Gleich zur Erstauflage nannten Springsportgrößen wie Rodgrigo Pessoa, Edwina Tops-Alexander, Steve Guerdat, Kevin Staut und die Schröder-Brüder. Später folgen Dressurturniere, die großen Anklang finden. Charlotte Dujardin und Valegro starten hier in ihrem ersten Grand Prix – und die deutsche Championatsreiterin Fabienne Lütkemeier bestreitet ihr internationales Grand Prix-Debüt. 2015 veranstaltete Bernadette in Vidauban zum zweiten Mal ein CDI5*, zum dritten Mal ein Nationenpreisturnier und als Höhepunkt folgte im Juli die Organisation der Europameisterschaften Dressur für Junioren und Junge Reiter.

Den Spring- gegen den Dressursattel eingetauscht

Doch es sollte nicht allein beim Organisieren von Turnieren bleiben. Zwar gab es kein Zurück mehr in den Parcours, aber mit einer leichten Einschränkung im rechten Bein ließe sich doch eigentlich Dressur reiten – die Disziplin, vor der Bernadette immer größten Respekt hatte. „Ich habe mir früher immer gedacht: Dafür bist du nicht gut genug!“, so die Gestütsbetreiberin. „Ich fand Dressur so toll, aber ich hätte nie gedacht, dass ich Dressur reiten kann.“ Doch langsam tastete sich Bernadette an die neue Disziplin heran. Durch einen Händler hatte sie einen De Niro-Nachkommen zum Anreiten bekommen, mit dem sie zunächst ein paar Lehrgänge und später erfolgreich die ersten Turniere bestritt. Nach drei Jahren starteten sie in der ersten Inter II. Große Trainer wie Jan Bemelmans, Anky van Grunsven und Udo Lange brachten Bernadette aber noch viel weiter. 2011 ritt die frühere Springreiterin ihren ersten Grand Prix mit Valeron v. Sandro Hit/Houston. Ende 2014 stand das erste CDI5* in Salzburg auf dem Programm und 2015 mit Spirit of the Age OLD sogar der erste Nationenpreis. Bei ihrem dritten Nationenpreisturnier in Vidauban auf der eigenen Anlage wurde das Strahlen im Gesicht noch größer: der Sieg im Nationenpreis mit der deutschen Mannschaft. 2016 folgte dann der Nationenpreissieg, CDI 4* Grand Prix Sieg, die B-Kaderberufung und 2 Weltcup Plazierungen Lyon und Stuttgart, sowie viele Plazierungen auf den Turnieren Hagen, Hamburg, Wiesbaden, Rotterdam, Münster, Perl, Saumur, Stuttgart.... In den darauf folgenden Jahren wurde die Erfolgsgeschichte mit vielen Grand Prix Platzierung weitergeschriebengen. Eine Übersicht zu den Erfolgen finden Sie hier.   Unter Kadertrainer Jonny Hilberath konnte sie viele Erfolge im B Kader verbuchen. Ende 2020 schickt sie ihren Erfolgshengst "Spirit of the Age OLD" in die Aktivrente.


Nach sechs Jahren von A-Dressuren in den Grand Prix-Sport – ein beeindruckender Weg. Über 100 S-Platzierungen häufen sich auf ihrer Erfolgsliste an, davon über 25 Siege, alle international. Hinzu kommen noch 40 nationale S-Platzierungen in Frankreich, darunter 15 Grand Prix-Erfolge. „Früher war Dressur mein Hobby und Springen mein Metier“, lacht Bernadette. „Heute ist das andersrum.“

Züchten – eine Leidenschaft

Neben Reitsport und Turnierorganisation ist Bernadette mittlerweile auch eine begeisterte Züchterin von hauptsächlich Oldenburger Pferden. Begonnen hatte alles vor zehn Jahren mit dem Kauf des Stalles in Vidauban, als die Vorbesitzer eine Traberstute hinterließen. Bernadette ließ diese von Calido decken und bekam eine erfolgreiche Springstute. Gleichzeitig ergänzte die wahlweise in Frankreich lebende Reiterin ihre Zucht durch zwei dressurbetonte Fohlen, eine Florencio/Sandro Hit-Tochter und eine von De Niro/Rubinstein. Während die Florencio-Tochter ihre Stutenleistungsprüfung mit 8,2 beendete, erzielte die De Niro-Tochter mit ihrem zweiten Fohlen v. Totilas eine Rekordsumme von 40.000 Euro auf der Oldenburger Auktion. Bernadette freut sich derzeit über zehn Stuten und etwa 20 Pferde in der Aufzucht, wobei die ersten dressurbetonten Nachkommen schon ihren Weg in den Sport gefunden haben. Ein besonderes Gespür beweist Bernadette auch bei der Auswahl ihrer Fohlen, die sie zukauft. So entdeckte die Pferdeliebhaberin auf Facebook einen drei Tage alten Totilas/Krack C/Ferro-Sohn, ein Hengstfohlen. Sie kaufte ihn, ließ ihn in der Wesermarsch aufwachsen und als er zweijährig zur Oldenburger Körung kam, stellte man fest, dass der Muttervater aus der Negro-Linie kommt, also dem Vater von Valegro. Totilas und Valegro in einem Pferd vereint. Da lag der Name auf der Hand: Tolegro! Gleich im ersten Jahrgang bekam der bildschöne Junghengst 165 Stuten aus der ganzen Welt – von Island über Europa bis nach Australien und Neuseeland.

Doch die gebürtige Düsseldorferin, die nach ihrer Zeit in Vidauban nun das Gestüt Brune in der Nähe von Oldenburg betreibt, hat noch weitere Interessen und Aufgaben in ihrem Leben. Da viele Produkte rund ums Pferd nicht so funktionieren, wie sie sich das vorstellte, entwickelte sie kurzerhand eine eigene Linie: Equivida. Shampoos, Cremes, Fellschoner und Weiteres aus natürlichen Inhaltsstoffen mit tollen Düften bieten den Pferden die optimale Pflege. „Ich möchte möglichst alles aus einer Hand haben und anbieten, weil ich dann weiß, dass es so perfekt ist, wie ich es gerne hätte“, erklärt Bernadette. Da wundert es schon fast nicht mehr, dass sie auch ihren eigenen Wein in Frankreich anbaut, der auf den anlageneigenen Turnieren und in exklusiven Restaurants angeboten wird.

Doch das ist noch (immer) nicht alles: Bernadette entwickelt sich nicht nur selbst im Sattel immer weiter, sie coacht auch selbst gerne, in erster Linie Junioren. Große Erfolge unter ihr feierte die 13-jährige Ukrainerin Anastasia Pavelko, die in Vidauban fünf von sechs Children-Prüfungen mit über 70 % gewinnen konnte.

Und wenn Bernadette etwas Ausgleich sucht, dann nimmt sie gerne den Fotoapparat zur Hand, setzt sich eine Runde aufs Fahrrad oder schneidet Videos.  Tauchen und Segeln ist auch eine große Leidenschaft der vielseitig Interessierten, doch manchmal müsste der Tag für Bernadette mehr als 24 Stunden haben…


Bernadette Brune

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